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Wissenschaftsbeitrag: KI-gestützte Erstellung digitaler 3D-Zwillinge

In den letzten Jahren hat sich das Konzept des Digitalen Zwillings von einem Nischenthema, das vorwiegend in der Fertigungsindustrie und Raumfahrt verwendet wurde, zu einer weit verbreiteten technologischen Lösung entwickelt, die heute in vielen verschiedenen Branchen Einsatz findet. Der Begriff des Digitalen Zwillings ist in Be­reichen wie der Energiewirtschaft, dem Maschinenbau und der Stadtplanung angekommen. Bei der Erstellung und Implementierung der Technologie wird zunehmend KI eingesetzt, um einen möglichst hohen Automationsgrad zu erzielen. 

Der Digitale Zwilling ist mehr als nur ein virtuelles Abbild der Realität

Ein Digitaler Zwilling wird allgemein als intelligente, digitale Repräsentation eines realen materiellen oder immateriellen Objekts beschrieben. Intelligent ist die Bezeichnung für die Fähigkeit von digitalen Zwillingen, Daten zu verlinken, Pro­zesse abzubilden, Analysen und Simulationen zu ermöglichen sowie Abläufe zu optimieren. Auch wenn ein Digitaler Zwil­ling grundsätzlich rein alphanumerisch abgebildet werden kann, wird der Begriff im vorliegenden Artikel als eine geometrische Repräsentation verstanden. Zahlreiche Arten von geometrischen Repräsentationen, wie beispielsweise ein Foto, ein Video oder eine Punktwolke eines Objekts, erfüllen allerdings nicht die Merkmale eines Digitalen Zwillings, dazu benötigt es etwas mehr. Der Digitale Zwilling benötigt eine Datenstruktur, er enthält Objekte. Der Objektbezug ermöglicht die oben definierten Kernelemente und Fähigkeiten des digitalen Zwillings. Ein objektbezogenes 3D Modell, auch als BIM-Mo­dell bezeichnet, entsteht im Planungs- und Bauprozess als ein „Digitaler Zwilling Prototyp“ bevor die physische Anlage ge­baut wird. Wird ein solches 3D-Modell von einem bestehenden Gebäude oder einer Anlage erstellt, bezeichnet man dies als Digitale Zwillingsinstanz. Auch wenn das Ergebnis viele gemeinsame Merkmale aufweist, kommen bei der Erstellung vollkommen andere Technologien zum Einsatz.  

Mehrwert und Hürden

Die Einsatzmöglichkeiten von 3D-Digitalen Zwillingen sind enorm und erstrecken sich über verschiedene Branchen wie Bahn, Energie, Maschinenbau und Stadtentwicklung. Von der Optimierung von Produktionsprozessen bis hin zu Schulungs- und Simulationsszenarien ist das Potenzial vielseitig. Ein Beispiel für einen wertschöpfenden Einsatz liegt im Bereich des Asset- und Facility-Managements.

Viele Betreiber von Anlagen stehen unter dem Druck, Kosten und Kohlenstoffemissionen zu reduzieren und gleich­zeitig strenge Vorschriften in Bezug auf Energieeffizienz, Klimaschutz und Sicherheitsstandards einzuhalten. Zudem müssen sie sich durch komplexe IT-Strukturen arbeiten, die oft in isolierten Datensilos organisiert sind und die schnelle Auffindbarkeit von Informationen erschweren. Hinzu kommen ein Mangel an umfassenden Geometriedaten und ver­alteten 3D-Modellen, die nicht für den laufenden Betrieb oder die Wartung optimiert sind. Aussagen über die Performanz und den Zustand der Anlagen zu machen und informierte Entscheidungen zu treffen, ist nahezu unmöglich. Fachkräftemangel und Ge­nerationenwechsel verschärfen die Situation. 
Hier kommt der 3D-Digitale Zwil­ling ins Spiel. Durch die Verknüpfung verschiedener Datenquellen macht der Digitale Zwilling nicht nur wichtige Informationen leichter auffindbar, sondern liefert auch durch den räum­lichen Kontext zusätzliche Erkenntnisse. In Kombination mit Echtzeitdaten aus Sensoren und IoT-Geräten können digi­tale Zwillinge Anomalien erkennen, potenzielle Probleme identifizieren und den Wartungsbedarf vorhersagen. Doch nicht nur die Suche nach Informationen wird deutlich beschleunigt, sondern auch das Auffinden von Komponenten vor Ort, zum Beispiel eines defekten Sprinklers, erfolgt ohne Zeitverlust durch Suche. 

Neben allem Potenzial und Mehrwert gibt es jedoch eine Reihe von Hürden, welche eine breite und skalierbare Akzeptanz dieser innovativen Technologie behindern. Neben vielen anderen Faktoren gehören dazu die noch immer zu hohen Kosten für die Erstellung einer voll objektbasierten Digitalen Zwillingsinstanz eines Bauwerks oder einer Anlage.

KI-gestützte Erstellung Digitaler Zwillinge

Die Erstellung und Implementierung einer Digitalen Zwil­lingsinstanz in eine bestehende Systemlandschaft lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen, von der Datenerfassung über die Modellerstellung und die Integration bis zu den Anwendungsfällen, wie nachfolgend exemplarisch dargestellt: 

Künstliche Intelligenz (KI) spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Senkung der Kosten und der Beschleunigung bei der Erstellung von 3D-Modellen. Das beginnt schon bei der Da­tenaufnahme, wo zunehmend autonome Verfahren eingesetzt werden. 
Im Zuge der Modellierung wird seit Jahren geforscht und entwickelt, insbesondere durch maschinelles Lernen, um die Objekterkennung in Bildern und Videos zu automatisieren. Ein weit verbreiteter Ansatz geht über die Klassifizierung und Segmentierung von Punktwolken, um anschließend eine automatisierte Objekterkennung durchführen zu können. Mit diesem Ansatz lassen sich bereits sehr gute Ergebnisse erreichen, besonders bei hoch standardisierten und repetitiven Objekten.

Die Identifikation eines Objekts ist aber, in Abhängigkeit vom gewünschten Ergebnis, nur ein Zwischenschritt. Um ein objektbasiertes 3D-Vektormodell zu erhalten, muss das identi­fizierte Objekt in die Szene instanziiert werden. Im nachfolgenden Beispiel existiert eine umfassende 3D-Bibliothek von Objekten. Hier ist die Suche nach dem passenden Objekt die Herausforderung. Ein Abgleich über die geometrische Form führt hier nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen. Ganz anders ist es, wenn man Large Language Models einsetzt und von der KI das gesuchte Objekt beschreiben lässt. Anhand der beschriebenen Merkmale durchsucht die KI die riesige Objektbibliothek nach passenden Objekten. Der letzte Schritt ist die automatisierte Einpassung des Objekts in die 3D-Szene.

Datenintegration

Wie anfangs beschrieben, ist die Datenkonnektivität ein Kern­element des digitalen Zwillings. Statische oder dynamische Daten in einem Zielsystem werden über die Objekte mit dem Digitalen Zwilling verlinkt. Dieser Prozess wird als Mapping bezeichnet und erfordert wiederum mehrere Schritte: 

Zwischen dem objektbasierten 3D-Modell und dem Zielsystem muss eine Schnittstelle bestehen, damit die Da­ten bidirektional ausgetauscht werden können. Dies wird im vorliegenden Beispiel über eine API erreicht. 
Ein Datensatz im Zielsystem muss auf ein Objekt im 3D-Modell gemappt werden. Dies kann über eine sogenannte Matching-Tabelle erfolgen oder direkt über eine Verlinkung am Modell. Im nachfolgenden Beispiel liegt das 3D-Modell auf einer Plattform, die über einen Connector ein solches Mapping unterstützt, ohne dass der Nutzer Programmierkenntnisse haben muss.  

Fazit 

Die Zukunft der Digitalen Zwillinge ist vielversprechend, ins­besondere durch die Integration von KI, welche die Erstellung und Nutzung effizienter und kostengünstiger macht. Trotz bestehender Herausforderungen wird die Technologie zunehmend unverzichtbar, um komplexe Prozesse zu optimieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der KI-Methoden und die Verbesserung der Datenintegrationsprozesse werden die Verbreitung und Akzeptanz von Digitalen Zwillingen weiter vorantreiben. In einer Welt, die immer stärker von Daten getrieben wird, bieten Digitale Zwillinge eine entscheidende Möglichkeit, die Brücke zwischen physischer und digitaler Realität zu schlagen.  

Dr. Ilka May
COO bei LocLab Consulting GmbH, Teil von Hexagon, Darmstadt


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